So richtig fesch waren Weltraumanzüge noch nie, und da noch immer keine Außerirdischen entdeckt worden sind, gibt es auch im 21. Jahrhundert keinen Grund, sich für interstellare Rendezvous herauszuputzen. Trotzdem dürften die nächsten Aufnahmen Steine sammelnder Astronauten und Astronautinnen auf dem Mond (etwa um das Jahr 2018) deutlich mehr Sexappeal haben,"als die historischen Bilder umherhüpfender Michelin-Männchen der 60er und 70er Jahre. Der Grund ist nicht ein plötzlich aufkeimendes Modebewusstsein der NASA-Chefs. Es geht viel mehr darum, die lebenswichtigen Druckanzüge praktischer und sicherer zu machen, tauglich für den All-Tag auf Mond und Mars.
Warum im luftleeren Raum nicht einfach nur Atemgeräte wie für Taucher genügen? Weil für uns Menschen das Weltraumvakuum genauso ungesund ist wie für Tiefseequallen der zu dünne Luftdruck auf dem Meeresspiegel: Sie zerplatzen beim Heraufholen vom Ozeangrund, weil ihre Körper einen ganz bestimmten (sehr hohen) Außendruck brauchen, um in Form zu bleiben.
Astronauten benötigen also eigentlich eine zweite Haut, die an jeder Stelle des Körpers den Druck wie auf der Erde nachahmt. Bisherige Anzüge arbeiten daher mit einer eingebauten Gashülle, die ständig unter Druck steht. Die Nachteile: Astronauten können sich darin nur sehr schwer bewegen, und sollte einmal etwa bei Außenarbeiten an der Raumstation ein Riss im Anzug entstehen, entsteht innerhalb weniger Sekunden Lebensgefahr durch Druckverlust. Außerdem wiegt so ein kompletter Anzug bis zu 140 Kilo. In der Schwerelosigkeit des Alls oder auf dem Mond, wo wenig Schwerkraft herrscht, kein Problem, aber unmöglich für bemannte Missionen auf dem Mars, wo die Anziehungskraft fast so groß ist wie bei uns auf der Erde.
Die junge US-Uniprofessorin Dava Newmann arbeitet derzeit mit ihrem Team am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) für die NASA an den Prototypen neuer, revolutionärer Weltraumanzüge, die ohne Gas auskommen. Der überlebenswichtige Druck entsteht durch eine Art enganliegendes Ganzkörper-Korsett, das sogar Klettern ermöglichen soll. Dazu werden die genauen Körpermaße der Astronauten von Laserscannern erfasst und danach der perfekt sitzende Anzug gefertigt. Das größte Problem dabei: Das An- und Ausziehen dieser zweiten, nicht sehr dehnbaren Haut. Die Astronauten müssten eigentlich in ihre Anzüge hineingeschneidert werden, damit der Druck auf den Körper überall gleichmäßig ist.
Dava Newmann im Interview mit der Krone: Wir experimentieren gerade mit ,schlauen Materialien, wie sie heute zum Beispiel schon für Herzkatheter genützt werden: Dort zieht sich ein Röhrchen unter Stromspannung zusammen, um eingepflanzt zu werden, und dehnt sich nachher wieder aus, um die Blutgefäße zu stützen. Wenn man den Effekt umkehrt und unsere Anzüge mit so einem Metall-Maschendraht durchzieht, wären sie unter Stromspannung ganz leicht anzuziehen und würden, wenn man nachher den Stecker zieht, stabil und eng sitzen.
Vielleicht eine neue Weltraum-"Erfindung, die den Alltag auf der Erde so verändert, wie einst der Mikrowellenherd: In Fußbekleidung eingebaut, bräuchte man damit zum Beispiel keine Schuhbänder mehr. Und unsere Urenkel würden sich in ihren Stromstiefeln nie wieder mit mühseligen Mascherln herumschlagen müssen...
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