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Eurofighter Typhoon: Kein Senkrechtstarter

Nicht nur bei uns in Österreich war und ist der Eurofighter Stein des Anstoßes. In Deutschland tüftelt man seit 1975 am Bau des Überfliegers – und hätte das Milliarden-Projekt schon zweimal beinahe gestoppt.



Ein Eurofighter Typhoon im senkrechten Testflug
Picture by Eurofighter

Aus dem Stand schafft er es bis in 10.000 Meter Höhe in unter zweieinhalb Minuten und erreicht dabei die eineinhalbfache Schallgeschwindigkeit. Nur der F/A-22-Jäger der USA hat ein besseres Schubkraft/Gewicht-Verhältnis. Dafür ist der Eurofighter Typhoon in Sachen Wendigkeit unschlagbar, sodass die Piloten einen speziellen Flüssigkeitsdruckanzug tragen, um Beschleunigungskräfte von bis zu 9 G auszuhalten (bei einem Space-Shuttle-Start sind es nur 3 G). Der Eurofighter Taifun ist das erste serienreife Mehrzweck-Kampfflugzeug der so genannten vierten Generation. Es kann per Stimmeingabe geflogen werden, besitzt ein automatisches Selbstverteidigungssystem und bleibt auch bei Nacht und Nebel dank High-Tech voll einsatzfähig.

Eindrucksvolle Eckdaten, die Technik-Freaks spätestens seit der Flugshow in Zeltweg verständlicherweise begeistern, beim Rest des Volkes, das auch privat aus Kostengründen nie einen Porsche oder Ferrari fahren würde, aber nur eine Frage aufwerfen: Wozu?

Das mögliche Waffenarsenal eines Eurofighter Typhoon
Picture by Eurofighter

Zur Erinnerung: 18 Stück bekommt Österreich ab 2007 zu einem Gesamtpreis von knapp zwei Milliarden Euro, die in den darauf folgenden neun Jahren abgezahlt werden sollen. Viel Geld, verglichen mit den Lebenszeitkosten der Konkurrenz-Produkte, sagen die Experten, und dass schlecht verhandelt wurde. Trotzdem haben sich die Herstellerländer des Taifun immerhin selbst bereits 620 Stück ihres "Krisen-Allheilmittels" zu einem vergleichbaren Preis verordnet, und auch Griechenland denkt über einen Ankauf nach, wohingegen sich die schlauen Norweger erst einmal an der lukrativen Produktion des Jagdflugzeugs beteiligen wollen. In Österreich fühlen wir uns jetzt hauptsächlich einmal übers Ohr gehauen wie Touristen nach einem Deal im Basar beim Teppichhändler.

Die Montagehalle des Eurofighter Typhoon (mit gelbem Schutzlack)
Picture by Eurofighter

Trösten mag da nur, dass die anderen (besonders die Deutschen) in Wahrheit auch nicht so richtig glücklich über ihre neuen Düsenjäger sind. Sich genauso wie wir, über das Gejubel und Schultergeklopfe ihrer Politiker hinweg, fragen, wozu sie einen High-Tech-Multifunktions-Jäger zur Luftraumüberwachung im befriedeten Europa brauchen. Und das, obwohl sie im Gegensatz zu Österreich immerhin bei der NATO sind.

Zweimal wollten unsere Nachbarn aus dem Deal mit Frankreich, England und Spanien aussteigen, weil sich mit der Entwicklung des Flugzeugs eine Euro-Versenkgrube ungeheuren Ausmaßes auftat. Einmal zog Verteidigungsminister Apel 1981 an der Notbremse des TKF – "Taktisches Kampfflugzeug für die 90er Jahre", wie der Flieger damals seit den ersten Plänen von 1975 (!) hieß. Einmal war es Volker Rühe, Apels Amtskollege von 1992, der den deutschen Schleudersitz des "Jäger 90" wegen der Kosten betätigen wollte. Leider gab es aus den Verträgen mit den Partnern kein Entrinnen. Der Eurofighter, dessen erste Entwürfe aus der Zeit des Kalten Kriegs stammen, wo die Entwicklung eines solchen Alleskönners sinnvoll schien, war abgehoben.

Eurofighter-Pilot beim Cockpit-Check kurz vor einem Testflug
Picture by Eurofighter

Der Eurofighter Typhoon und seine Vorgängerentwürfe schwanken also schon seit mehr als 25 Jahren zwischen den Prädikaten "rausgeschmissenes Geld" und "hervorragende Wertanlage". Österreich ist also sozusagen Neueinsteiger in die alte Diskussion.


Echte Freude herrscht eigentlich nur bei zwei Gruppen: Bei den rund 400 deutschen, französischen, englischen, spanischen und bald auch norwegischen Firmen, die die Teile für den Eurofighter bauen dürfen. Und bei den Technik-Freaks, die bei österreichischen Flugshows ab 2007 nach den Gebrauchtwagen-Draken endlich einen nagelneuen Ferrari zum Bewundern haben, der "uns" gehört.


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© Eine Reportage von T. Micke (27-07-03) – Kontakt